Benedikt Mangold: Tatsächlich hat die BayWa bereits mit der Akquisition von T&G Global im Jahr 2012 Zugang zu den weltweiten Wachstumsmärkten erhalten und diesen 2016 mit der Übernahme des Exotenspezialisten TFC Holland weiter ausgebaut. Auch der Einstieg in die Produktion von Tomaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo wir seit 2018 in zwei Klimagewächshäusern für den dortigen Einzelhandel produzieren, unterstreicht diesen Anspruch. Mit der Ausgründung in die BayWa Global Produce GmbH haben wir jetzt das gesamte Frischegeschäft, das auch das deutsche Obstgeschäft der BayWa Obst beinhaltet, in einer neuen Struktur geordnet. Auf diese Weise bündeln wir die Aktivitäten aller Beteiligungen unter einer Gesellschaft mit zentraler Geschäftsführung für eine gemeinsame und zielgerichtete Positionierung im Markt. Aber nicht nur das. Mit einer übergeordneten Strategie bauen wir auf den bestehenden Stärken unseres Portfolios auf. Ziel ist es, die wachsende Nachfrage und damit die Potenziale in der Obst- und Gemüsebranche durch Investitionen und Partnerschaften zu nutzen und gemeinsam weiter auszubauen.
CEO
BayWa GP
Alle unsere Fruchtstandorte in Europa sind seit 2018 klimaneutral.
Katelyn Jones:Die strategischen Vorteile ergeben sich zum einen durch die breite Aufstellung in der Beschaffung und Vermarktung unseres attraktiven Portfolios mit seinen wertvollen Produkten und Marken. Zum anderen aber auch durch das globale Netzwerk, in dem wir Know-how austauschen, voneinander lernen und Innovationen schneller vorantreiben können. Wesentlich ist allerdings unsere übergeordnete Strategie, die auf den vier Säulen Sortenentwicklung, Anbau, Märkte und nachhaltige Innovationen beruht. Durch Investitionen in diese Kerngeschäftsfelder ist es unser Anspruch, stabile Wertschöpfungsketten zu gestalten, um für unsere Gruppe und unsere Stakeholder einen nachhaltigen Mehrwert zu schaffen.
CBDO
BayWa GP
Es ist uns wichtig zu verstehen, wie wir dazu beitragen können, dass wir nicht auf Kosten der Natur wirtschaften.
Bastian von Streit: In einem Umfeld, das sich ständig und immer schneller wandelt, sehen wir stabile und vertrauensvolle Partnerschaften in unserer Branche als essenziell, um Volatilitäten zu begegnen und Stabilität zu schaffen. Hierzu gehört aus unserer Sicht eine breite Beschaffungsbasis, aber auch der Zugang zu attraktiven Märkten weltweit, um größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten. Wesentlich ist dabei, in Schlüsselmärkten mit Mitarbeitern vor Ort präsent zu sein, um das Ohr direkt am Markt zu haben und bei Veränderungen schnell reagieren zu können. Auch sehen wir strategische Partnerschaften und Kooperationen als unerlässlich, um stabile Lieferketten zu erreichen. Hierauf zahlt unsere Strategie ein, um uns noch resilienter aufzustellen: ob durch attraktive Marken, die Entwicklung neuer Sorten mit unserer T&G-Tochter VentureFruit oder innovative Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Denn es ist unser Anspruch, auch unter veränderten Rahmenbedingungen weltweit ein starker und zuverlässiger Partner für unsere Stakeholder zu sein.
CFO
BayWa GP
Vor allem der handarbeitsintensive Bereich der Sonderkulturen steht vor wachsenden Herausforderungen.
Katelyn Jones: Wir wollen unseren Stakeholdern und damit auch dem Handel zukunftsorientierte Antworten auf wesentliche Fragen entlang unserer Lieferketten geben. Diesem Anspruch werden wir gerecht, in dem wir uns z.B. verstärkt in der Entwicklung neuer, attraktiver Sorten engagieren oder unseren Kunden schnellere und effizientere Lieferwege bieten. Wir haben ein starkes Portfolio mit attraktiven Marken wie Jazz™ und Envy™, auf das wir stolz sein können, sodass der Fokus in Zukunft darauf liegen wird, weiterhin in unsere Kerngeschäftsfelder zu investieren, um das Angebotspotenzial für Erzeuger, Kunden und Verbraucher zu maximieren. Letztendlich können wir auch durch die Bündelung der Aktivitäten agiler und effizienter arbeiten: das trägt zum gemeinsamen Erfolg für uns, unsere Erzeuger und unsere Kunden bei.
Benedikt Mangold: Wenn man sich die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der einzelnen Beteiligungsgesellschaften anschaut wird schnell deutlich, dass die differenzierte Aufstellung in Summe eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Schwankungen im Markt mit sich bringt. Dies wirkt sich positiv auf unsere Liefer- und Leistungsfähigkeit aus. Insbesondere die engen Kooperationen und direkten Beziehungen zu einer Vielzahl von Produzenten in verschiedensten Ländern erlauben uns eine Bedienung unserer Kunden aus erster Hand. Durch diese breite Aufstellung lassen sich sowohl Ernteschwankungen als auch Logistikengpässe abfedern. Gleichzeitig ermöglicht uns der Zugang zu über 60 Märkten weltweit eine gezielte Platzierung unserer Produkte. Deshalb werden wir beispielsweise weiter in die asiatischen Wachstumsmärkte investieren und unsere „In-Market“-Präsenz weiter ausbauen. Aber auch Europa wird im Zuge unserer Strategie in verschiedenen Themenbereichen eine wachsende Rolle spielen.
Benedikt Mangold: Europa und insbesondere Deutschland ist und bleibt ein wichtiger Markt für uns. Sowohl für Kernobst als auch für Exoten. Hier zeigen sich in den letzten Jahren Veränderungen in der Nachfrage – sowohl beim Blick auf die Produkte selbst als auch hinsichtlich der Rahmenbedingungen, unter denen diese produziert werden. Der Fokus wandert speziell bei der jüngeren Zielgruppe zunehmend in Richtung Nachhaltigkeit und den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen und Lebensmitteln. Auch bei Betrachtung der Umsätze nach Einkaufsstätten zeigt sich eine Neuorientierung der Verbraucher. Geiz scheint nicht mehr so geil zu sein, wenn ich das so salopp formulieren darf. Wir sind der Überzeugung, dass qualitativ hochwertige, schmackhafte Produkte und nachhaltige Produktionsmethoden auf allen Ebenen nach vorne gerichtet der Schlüssel für eine erfolgreiche Positionierung im Markt sein werden. Dabei sehen wir es als besonders wichtig, die Verbraucherinnen und Verbraucher auf diese Reise „mitzunehmen“ und im Gespräch zu bleiben, um das Engagement der Branche für verantwortungsvolle Produkte darzulegen und deutlich zu machen, dass dieser Mehrwert auch mehr wert sein darf und sogar muss.
Bastian von Streit: Richtig, die BayWa beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Herausforderungen in der Nahrungsmittelkette und hat hier innovative Lösungen im Fokus, um in Ihrer Funktion als Grundversorger auch in Zukunft die Produktion von hochwertigen Lebensmitteln sicherzustellen. Bei Obst und Gemüse ist der Bedarf an innovativen Lösungen aus unserer Sicht besonders hoch. Nicht nur mit Blick auf die erforderliche, höhere Klimaresilienz, sondern auch im Hinblick auf das Thema Automatisierung. Gerade der handarbeitsintensive Sonderkulturenbereich steht vor wachsenden Herausforderungen. Saisonarbeitskräfte sind schwer zu bekommen – das kann sich auf die Pflege der Kulturen auswirken, noch mehr aber auf die Ernte und Nachernteprozesse. Hier braucht es neue Ansätze. Situationen wie im letzten Jahr in Neuseeland, wo nicht alle Obstarten, im Besonderen Äpfel, in vollem Umfang geerntet und verschifft werden konnten, wirken sich maßgeblich auf unser Geschäft aus. Aber auch im Anbau braucht es neue Wege: ob in den Bereichen resiliente Sorten, Bewässerung oder im Hinblick auf neue Ansätze wie Agri-PV. Innerhalb des Konzerns, aber auch darüber hinaus bestehen bereichsübergreifende Partnerschaften und Kooperationen, die wir wertgebend weiterentwickeln werden.
Benedikt Mangold: Diese Entwicklungen verfolgen wir sehr genau und haben bereits proaktiv Maßnahmen ergriffen. Denn bei der Entwicklung unserer Wachstumsstrategie legen wir einen starken Fokus auf langfristige Partnerschaf-ten und ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeitsaspekte, an denen wir uns orientieren und messen lassen wollen. Und wir haben schon einiges erreicht. Bei-spielweise arbeiten alle unsere Obst-Standorte in Europa bereits seit 2018 klimaneutral und in Deutschland produzieren wir auf den Dächern unserer Lager- und Packstandorte unseren eigenen Strom. Mehr noch: seit 2020 beziehen alle BayWa-Standorte weltweit zu 100% Grünstrom. In Neuseeland bauen wir gerade in Partnerschaft mit einem Energieversorger eine Biogasanlage, um organisches Material aus unseren Gewächshäusern, aber auch Lebensmittelabfälle aus der Region in Energie und Kohlenstoffdioxid umzuwandeln, die ins Gewächshaus zurückgeführt werden können. Auch sind wir für unsere Produkte immer auf der Suche nach neuen Verpackungslösungen. Das Thema Nachhaltigkeit ist besonders interessant, aber auch komplex, da viele Entscheidungen erforderlich sind, um den richtigen Weg für die Zukunft einzuschlagen. Deshalb haben wir seit einigen Jahren einen Sustainability Manager im Team und arbeiten an einer umfangreichen Nachhaltigkeitsstrategie für unsere BayWa Global Produce Familie.
Katelyn Jones: Ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen und die Reduktion von CO2-Emissionen für einen aktiven Klimaschutz sind uns ein wichtiges Anliegen. Der Klimawandel zeigt uns eindrücklich, was es für die Produktion von Nahrungsmitteln bedeutet, wenn Ressourcen knapp sind. Deshalb ist es uns wichtig zu verstehen, wie wir dazu beitragen können, dass wir nicht auf Kosten der Natur wirtschaften. Dieses jetzt in Neuseeland gestartete Projekt soll ein besseres Verständnis für regenerative Ansätze in der Produktion schaffen, aber auch aufzeigen, wie sich diese mit unseren bisherigen Nachhaltigkeitsbemühungen verbinden lassen. Im klassischen Ackerbau beispielsweise gibt es hierzu schon deutlich mehr Erfahrungswerte. Deshalb ist es für unsere Branche umso wichtiger mit eigenen Forschungen im Obstbau daran anzuknüpfen, um auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben und die Erwartungen der Verbraucher an unsere hochwertigen Produkte zu erfüllen. Und das nicht nur in Neuseeland, sondern überall dort, wo wir aktiv sind.
Benedikt Mangold: Die Bündelung des Frischegeschäfts unter einer eigenen Gesellschaft ist ein wesentlicher Meilenstein in unserer Geschichte. Deshalb war es uns wichtig, diesen mit einem eigenständigen Logo zu unterstreichen. Das neue Erscheinungsbild baut einerseits visuell auf das solide Fundament der BayWa auf, rückt aber gleichzeitig mit organischen Formen unsere Naturprodukte in den Mittelpunkt. Da die BayWa Global Produce GmbH als Holding ohne eigenes operatives Geschäft aktiv ist, wird das neue Logo auf das Branding unserer Produkte selbst keine direkten Auswirkungen haben. Allerdings können wir an dieser Stelle verraten, dass die neue monochrome Gestaltung in zukünftigen Projekten eine wesentliche Rolle spielen und unseren hohen Anspruch an Nachhaltigkeit unterstreichen wird.